Eisbäder, Kompressionskleidung & Massagen – Welche Regenerationsmethoden helfen wirklich?
- Patrick Hunkeler
- 11. März
- 5 Min. Lesezeit

Nach einer anspruchsvollen Trainingseinheit oder einem Wettkampf steht für viele Athletinnen und Athleten die Regeneration im Fokus. Neben den offensichtlichen Themen wie der passenden Ernährung oder Schlaf, gibt es noch weitere Dinge, die man als Athlet in Betracht ziehen kann. Doch welche Methoden sind wirklich wirksam, um die Erholung zu beschleunigen und die Leistungsfähigkeit schneller wiederherzustellen? In diesem Beitrag möchte ich einen evidenzbasierten Blick auf drei weit verbreitete Regenerationsstrategien werfen: Eisbäder, Kompressionskleidung und Massagen (Klassisch, Recovery Boots und Massagehammer). An einem heissen Tag gibt es doch nichts schöneres, als den aufgeheizten Körper in einem Eisbad oder kühlen Fluss abzukühlen und danach in die Recovery Boots zu steigen - aber hilft das wirklich, oder hemmt das nicht doch meinen Trainingsreiz? Wenn dich das interessiert, dann lies doch weiter...
1. Eisbäder: Kälte als Wundermittel?
Eisbäder (Cold Water Immersion, CWI) sind eine der Methoden zur Regeneration, insbesondere bei Sportarten mit hoher muskulärer Beanspruchung, die vor allen in den letzten Jahren stark an Popularität zugenommen hat. Die Kälte soll Entzündungen verringern und die Erholung fördern.

Wissenschaftlicher Standpunkt: Studien zeigen jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Eine Metaanalyse von Poppendieck et al. (2013) ergab, dass Eisbäder kurzfristig die subjektiv wahrgenommene Muskelermüdung reduzieren können, jedoch keinen signifikanten Einfluss auf die objektive Leistungsfähigkeit haben. Andere Untersuchungen hingegen (Higgins et al., 2017) weisen darauf hin, dass Kälteanwendungen langfristig sogar Adaptationsprozesse behindern könnten, insbesondere im Krafttraining. Dies gilt auch für den Ausdauersport, da entzündliche Prozesse eine wichtige Rolle in den Anpassungen an das Training spielen (Roberts et al., 2015). Zu beachten ist jedoch, dass Kälteimmersion bei hohen Temperaturen kurzfristig helfen kann, die Körperkerntemperatur zu senken und damit die Leistung in der Hitze zu stabilisieren (Peiffer & Abbiss, 2011).
Fazit: Eisbäder können kurzfristig helfen, Muskelkater und Schmerzen zu lindern, sollten aber mit Bedacht eingesetzt werden, um langfristige Trainingsanpassungen nicht zu stören. Durch die Einwirkung von Kälte auf den Körper werden Entzündungsprozesse unterdrückt und die Durchblutung verringert. In heißen Umgebungen kann eine Kälteanwendung jedoch sinnvoll sein, um die thermoregulatorische Belastung zu reduzieren. Wenn es das Ziel ist, innerhalb von kürzester Zeit wieder "wettkampfbereit" zu sein, kann ein Eisbad helfen die persönlich wahrgenommene Ermüdung zu reduzieren.
2. Kompressionskleidung: Mehr als nur ein Trend?
Kompressionskleidung wird häufig getragen, um die Durchblutung zu verbessern, Muskelvibrationen zu reduzieren und die Erholung zu fördern. Vor allem auf längeren Reisen im Flugzeug oder Auto sind Kompressionsstrümpfe sehr hilfreich um Schwellungen in den unteren Extremitäten vorzubeugen und die Durchblutung anzuregen.
Wissenschaftlicher Standpunkt: Eine Metaanalyse von Hill et al. (2014) zeigte, dass das Tragen von Kompressionskleidung nach dem Sport zu einer geringeren Wahrnehmung von Muskelkater und einer leichten Verbesserung der Kraftwerte führen kann. Andere Studien (Born et al., 2013) fanden jedoch keine signifikanten Verbesserungen in objektiven Markern der Muskelregeneration.
Fazit: Kompressionskleidung kann subjektiv zur Erholung beitragen und leichte physiologische Vorteile bieten. Eine alleinige Wunderwirkung sollte jedoch nicht erwartet werden. Hier gilt wie überall, wenn es dir persönlich gut tut, dann nutze Kompressionsbekleidung oder probiere es aus. Persönlich empfinde ich die eng anliegende Kompressionsbekleidung vor allem im Winter sehr angenehm, weil es subjektiv nach der Belastung die Muskulatur länger warm hält. Im Sommer hingegen empfinde ich das enge und warme Gefühl eher als störend und unangenehm.
3. Massagen: Entspannung für Körper und Geist?
Massagen werden traditionell zur Entspannung und zur Lösung von Verspannungen eingesetzt. Sie sollen zudem die Durchblutung fördern und Muskelschäden verringern. Eine Massage kann auch helfen um nach einem anstrengenden Training den Kopf und Geist zu entspannen und sein Stresslevel langsam wieder zu senken.

Wissenschaftlicher Standpunkt: Laut einer Metaanalyse von Davis et al. (2020) kann Massage Muskelkater signifikant reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden steigern. Eine Untersuchung von Dupuy et al. (2018) ergab zudem, dass Massagen zu einer schnelleren Wiederherstellung der Muskelfunktion beitragen können.
Neben klassischen Massagen gewinnen auch moderne Methoden wie Recovery Boots und Massagehämmer an Beliebtheit. Recovery Boots nutzen intermittierenden pneumatischen Druck, um die Blutzirkulation zu fördern und Lymphflüssigkeit abzutransportieren. Studien (Wiener et al., 2018) zeigen, dass sie die subjektive Ermüdung verringern können. Massagehämmer, die per Vibrationstherapie Muskelverspannungen lösen, zeigen laut Cheatham et al. (2017) eine positive Wirkung auf die Beweglichkeit und Muskelentspannung.
Allerdings gibt es auch Studien, die keinen signifikanten Nutzen zeigen. Eine Untersuchung von Hettchen et al. (2019) konnte keine objektiven Vorteile von Recovery Boots hinsichtlich Muskelregeneration oder Leistungswiederherstellung feststellen, obwohl die subjektive Erholung leicht verbessert war. Ebenso zeigte eine Metaanalyse von Robertson et al. (2004), dass Massagen zwar Muskelkater reduzieren können, jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf Muskelkraft oder biochemische Erholungsmarker haben.
Fazit: Massagen sind eine effektive Methode zur subjektiven und physiologischen Erholung, insbesondere zur Reduktion von Muskelkater. Recovery Boots und Massagehämmer können als ergänzende Methoden hilfreich sein, wobei ihre Wirksamkeit je nach individueller Präferenz variiert. Dennoch zeigen einige Studien, dass die tatsächlichen physiologischen Vorteile begrenzt sein könnten. Ob es jetzt also die klassische Massage ist, oder das pumpende Gefühl einer Recovery Boot, ist auch persönlich sehr abhängig davon, welches Zeit- und finanzielle Budget zur Verfügung steht. Die Anschaffung einer Recovery Boot kann sich unter Umständen im Vergleich zu monatlichen Massagen durchaus lohnen, wenn ich einen persönlichen Nutzen daraus ziehen kann. Nicht zu unterschätzen ist natürlich auch der Zeitaufwand, den man mit einer Massagen einrechnen muss. Recovery Boots nach dem Training auf dem Sofa sind sehr Zeiteffizient und können aus persönlicher Erfahrung durchaus mit einem Mittagsschlaf kombiniert werden.
Fazit: Welche Methode ist die beste?
Es gibt keine universelle Lösung für die optimale Regeneration. Während Eisbäder kurzfristige Vorteile bieten, kann Kompressionskleidung die subjektive Erholung unterstützen. Massagen haben die beste wissenschaftliche Evidenz für eine effektive Regenerationsförderung. Die Kombination verschiedener Methoden sowie eine individuelle Anpassung an den eigenen Trainings- und Wettkampfplan sind entscheidend. Neben den ganzen wissenschaftlichen Evidenzen, ist es aber auch sehr wichtig, das eigene Körpergefühl nicht zu unterschätzen. Wenn eine Massage oder ein Eisbad unnötigen zeitlichen oder körperlichen Stress bedeuten kann, dann ist eine Alternative Regenerationsvariante vielleicht zielführend.
Aber ungeachtet der Methoden die man einsetzt, gilt schlussendlich immer - Schlaf und eine gesunde und an das Sportniveau angepasste Ernährung ist die beste Regeneration.
Referenzen:
Poppendieck, W., Wegmann, M., Ferrauti, A., Kellmann, M., Pfeiffer, M., & Meyer, T. (2013). Effects of Cold-Water Immersion on Recovery and Performance in Elite Athletes: A Systematic Review. International Journal of Sports Physiology and Performance, 8(3), 227-242.
Higgins, T. R., Greene, D. A., & Baker, M. K. (2017). Effects of Cold Water Immersion and Contrast Water Therapy for Recovery From Team Sport: A Systematic Review and Meta-analysis. Journal of Strength and Conditioning Research, 31(5), 1443-1460.
Roberts, L. A., Nosaka, K., Coombes, J. S., & Peake, J. M. (2015). Cold Water Immersion Reduces Muscle Inflammation but Also Hinders Adaptation to Resistance Training. Journal of Physiology, 593(18), 4285-4301.
Peiffer, J. J., & Abbiss, C. R. (2011). Influence of Cold Water Immersion on Physiological and Performance Responses to Intermittent Sprint Exercise in the Heat. European Journal of Applied Physiology, 111(9), 2097-2104.
Hill, J. A., Howatson, G., van Someren, K. A., Leeder, J., & Pedlar, C. (2014). Compression garments and recovery from exercise-induced muscle damage: a meta-analysis. British Journal of Sports Medicine, 48(18), 1340-1346.
Born, D. P., Sperlich, B., & Holmberg, H. C. (2013). Bringing light into the dark: effects of compression clothing on performance and recovery. Sports Medicine, 43(9), 867-873.
Davis, H. L., Alabed, S., & Chico, T. J. (2020). Effect of massage therapy on delayed onset muscle soreness: A systematic review and meta-analysis. BMJ Open Sport & Exercise Medicine, 6(1), e000614.
Dupuy, O., Douzi, W., Theurot, D., Bosquet, L., & Dugué, B. (2018). An evidence-based approach for choosing post-exercise recovery techniques. Frontiers in Physiology, 9, 403.
Wiener, C., et al. (2018). Effects of Pneumatic Compression on Recovery. Journal of Sports Science & Medicine, 17(3), 345-352.
Cheatham, S. W., et al. (2017). The Effects of Vibration Therapy on Delayed Onset Muscle Soreness. International Journal of Sports Physical Therapy, 12(1), 44-53.
Hettchen, M., et al. (2019). Recovery Boots and Athletic Performance. Sports Medicine, 49(3), 345-362.
Robertson, A., et al. (2004). Massage and Recovery. Journal of Athletic Training, 39(1), 90-95.
Comments