Von der Off-Season zum Wettkampf-Peak: Periodisierungsmodelle im Vergleich
- Patrick Hunkeler
- 18. Feb.
- 4 Min. Lesezeit

Die Gestaltung eines effektiven Trainingsplans ist essenziell, um die Leistungsfähigkeit von Athleten optimal und langfristig zu entwickeln. Besonders im Triathlon und anderen Ausdauersportarten entscheidet die richtige Periodisierung des Trainings darüber, ob Athleten ihre Höchstform punktgenau zum Wettkampf abrufen können, oder ob sie auf dem Weg zur Startlinie ihr Potential verschenken oder bereits ausgebrannt sind. In meinem Alltag als Coach ist das eines der ersten Themen um das ich mich mit dem Athleten kümmere. Welche Möglichkeiten hat er und was passt am besten zu seinem Alltag. Doch welche Periodisierungsmodelle gibt es, und welches eignet sich am besten? In diesem Artikel möchte ich klassische und moderne Periodisierungsansätze auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse vergleichen.
Die Grundlagen der Periodisierung
Periodisierung beschreibt die systematische Planung von Trainingsbelastung und -umfang über einen bestimmten Zeitraum mit dem Ziel, eine Leistungssteigerung zu erzielen und Überlastungen zu vermeiden. Ursprünglich wurde das Konzept von Matwejew (1965) eingeführt und seither weiterentwickelt. Heute gibt es mehrere gängige Modelle:
Traditionelle (lineare) Periodisierung
Blockperiodisierung
Reverse Periodization

1. Traditionelle (lineare) Periodisierung
Die klassische lineare Periodisierung (Matveev, 1965) gliedert das Training in verschiedene Phasen mit zunehmender Intensität und abnehmendem Volumen:
Vorbereitungsphase (Off-Season): Grundlagenausdauer, hohe Umfänge bei moderater Intensität. Unspezifisches Training noch nicht im Wettkampfkontext
Aufbauphase: Progressiver Anstieg der Intensität, spezifischere Belastungen
Wettkampfphase: Reduzierung des Umfangs, Erhalt der Intensität, Simulation der Wettkampfbelastung
Erholungsphase: Regeneration nach dem Wettkampf
Ich habe dieses Modell selber sehr intensiv in meiner Anfangszeit als Athlet angewendet und zu dieser Zeit viele gute Erfahrungen damit gemacht. Der grosse Nachteil ist aber, dass bereits im Winter grosse Trainingsumfänge angesagt sind und das Wetter das nicht immer zulässt.
Vorteile: Gut geeignet für Sportarten mit klar definierten Wettkampfzyklen, bewährtes Konzept
Nachteile: Wenig flexibel, Anpassungen an Zwischenwettkämpfe sind schwierig. In nördlichen Breitengraden vor allem in der Winterzeit schwierig die grossen Umfänge bei winterlichen Temperaturen zu erfüllen.
Quellen: Matveev (1965), Issurin (2008)
2. Blockperiodisierung
Blockperiodisierung (Issurin, 2008) konzentriert sich auf kürzere, hochintensive Trainingsblöcke, die sich spezifischen physiologischen Fähigkeiten widmen. Statt eine gleichmäßige Steigerung über Monate hinweg anzustreben, werden einzelne Aspekte wie VO2max, Laktatschwelle oder Kraft für mehrere Wochen isoliert trainiert. Dieses Konzept kann auch innerhalb einer traditionellen Periodisierung für einzelne Sportarten angewandt werden (z.B. ein Lauf-, Schwimm- oder Radblock). Wenn man als Athlet auf Reisen oder geschäftlich unterwegs ist, ist das oft eine passende Möglichkeit um mit eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten trotzdem einen qualitativ guten Reiz zu setzen. Was gibt es besseres, als wenn draussen der Schnee und vereiste Wege ein unfallfreies Training erschweren einen Fokus auf das Schwimmen zu legen und fünf bis sechs Einheiten im Becken zu absolvieren😊
Vorteile: Effizient für erfahrene Athleten, da gezielte Anpassungen ermöglicht werden. Bei eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten eine sinnvolle Alternative um einen gezielten Fokus im Training zu setzen.
Nachteile: Erfordert ein hohes Maß an Planung und individuelle Anpassung. Vor allem bei der Planung von VO2max Blöcken ist ein besonderer Fokus auf das Belastungsmanagement zu legen um keine Überlastung zu riskieren.
Quellen: Issurin (2008), Rønnestad et al. (2014)
3. Reverse Periodization
Die Reverse Periodization kehrt das traditionelle Modell um, indem sie mit hochintensiven Einheiten in der frühen Phase beginnt und erst später das Trainingsvolumen erhöht. Diese Methode wird oft im Schwimmen oder bei Athleten mit begrenztem Zeitbudget genutzt. Vor allem in nördlichen Breitengraden kann diese Art der Periodisierung im Winter helfen, keine grossen Umfänge bei kalten Temperaturen absolvieren zu müssen. Zusätzlich hilft es, dass man als berufstätiger Athlet nicht ständig im Dunkeln trainieren muss, da der Umfang während dieser Jahreszeit noch sehr moderat ist. Ausserdem macht es auch einfach Spass am Anfang, wenn die Motivation noch hoch ist, intensiv zu trainieren 😊
Bezüglich der Leistungsentwicklung ergibt sich aber kein klarer Vorteil gegenüber einer klassischen Periodisierung (González-Ravé et al., (2022))
Vorteile: Ermöglicht frühe Leistungssteigerungen, reduziert Ermüdung durch geringere Umfänge zu Beginn.
Nachteile: Kann problematisch sein, wenn die aerobe Basis nicht ausreichend entwickelt ist
Quellen: Rønnestad et al. (2014), Mujika (2016), González-Ravé et al., (2022)
Fazit: Welches Modell ist das beste?
Die Wahl des richtigen Periodisierungsmodells hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Wettkampfdichte, das individuelle Leistungsniveau und die Verfügbarkeit von Trainingszeit. Während die klassische lineare Periodisierung besonders für Anfänger oder Athleten mit wenigen Wettkämpfen pro Jahr geeignet ist, profitieren erfahrene Athleten oft stärker von Blockperiodisierung oder polarisiertem Training.
Für ambitionierte Triathleten kann eine Kombination aus Blockperiodisierung und polarisiertem Training sinnvoll sein, um sowohl die Grundlagenausdauer als auch spezifische Wettkampffähigkeiten gezielt zu entwickeln.
Wenn es allerdings darum geht, das Training im Winter etwas angenehmer zu machen, dann kann eine Reverse Periodization helfen, die dunkle Jahreszeit etwas zu umgehen und nicht bereits früh schon grosse Umfänge absolvieren zu müssen.
Jeder, der schon einmal bei 2 °C und Nieselregen gelaufen oder Rad gefahren ist, weiß, wie herausfordernd solche Bedingungen sein können. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, Einheiten gezielt anzupassen – sei es durch eine Verkürzung der Trainingszeit oder durch die Verlagerung auf das Indoor-Training, beispielsweise auf der Rolle oder dem Laufband. Über Effizienz im Training möchte ich dann aber an einer anderen Stelle sprechen.
Wie in der gesamten personalisierten Trainingsplanung gibt es jedoch kein universelles Konzept, das für jeden Athleten gleichermaßen funktioniert. Die Wahl der Periodisierungsstrategie hängt von mehreren Faktoren ab: individuellen physiologischen Voraussetzungen, Lebensumständen, Wettkampfkalender und persönlichen Zielen. Ein hybrider Ansatz, der verschiedene Periodisierungsmodelle je nach Saisonphase kombiniert, kann eine sinnvolle Strategie sein. In der Praxis kann beispielsweise in den Wintermonaten eine Reverse Periodization angewandt werden, bevor im Frühjahr sukzessive die Umfänge erhöht werden, um eine optimale Grundlage für die Wettkampfsaison zu schaffen. Aus persönlicher Erfahrung bin ich mittlerweile weg von der klassischen linearen gekommen und wende immer öfters den Ansatz der Reverse Periodization an. Dieser Ansatz ist in der dunklen Jahreszeit einfach verträglicher und schlägt weniger schnell auf das Gemüht wenn man nicht ständig nur im dunkeln mit Lampe trainieren muss.
Wissenschaftliche Quellen:
Issurin, V. (2008). Block Periodization: Breakthrough in Sport Training.
Matveev, L. P. (1965). Periodization of Sports Training.
Rønnestad, B. R., Hansen, J., & Ellefsen, S. (2014). Block Periodization of High-Intensity Aerobic Intervals Improves Performance.
Seiler, S. (2010). What is Best Practice for Training Intensity and Duration Distribution in Endurance Athletes?
Mujika, I. (2016). Endurance Training - Science and Practice.
González-Ravé et al., (2022). Reverse Periodization for Improving Sports Performance: A Systematic Review
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